Flexicurity – Arbeit neu denken

Flexibilität und Wahlfreiheit stellen einen Gewinn für denjenigen dar, der diese ausüben kann. Dies gilt insbesondere für die Koordination von Arbeit, da diese den Alltag prägt. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern soll ermöglicht werden, ihre Erwerbstätigkeit um ihr Leben, nicht ihr Leben um die Erwerbstätigkeit herum zu planen. Arbeitgebern wollen wir die Option geben, rasch auf sich ändernde Rahmenbedingungen zu reagieren. Doch die Flexibilität des einen muss immer mit der Sicherheit für den anderen einhergehen, um zu einem Mehrwert für alle Beteiligten zu gelangen. Zu diesem Flexicurity-Ansatz haben wir Junge Liberale Niedersachsen uns bereits bekannt. Diesem Ansatz wollen wir Leben einhauchen.

Als Kern der Flexibilität für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verstehen wir Junge Liberale Niedersachsen Gleitzeitautonomie, also die Aufhebung der arbeitszeitlichen Weisungsbefugnis des Arbeitgebers. Hierauf sollen alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die grundsätzlich arbeitszeitunabhängig arbeiten können, einen Rechtsanspruch erhalten. Ein entsprechender Antrag kann vom Arbeitgeber nur abgelehnt werden, wenn er einen sachlichen Grund nachweisen kann. Die Beweislast hierfür liegt bei ihm. Der Rechtsanspruch ist bei einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung aus dem Arbeitsvertrag nicht durchsetzbar. Nach Ablauf einer zweijährigen Frist entfällt die Einwendung, sodass den betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine zweite Chance gewährt wird. Dies sichert die Interessen des Arbeitgebers. Um zu starke einseitige Belastungen infolge von Mehr- oder Minderarbeit zu vermeiden und damit die Unabhängigkeit aller zu gewährleisten, ist grundsätzlich ein Zeitkonto zu führen, auf das Abweichungen von der vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit eingezahlt werden. Das Stundensaldo dieses Kontos darf sowohl im negativen wie im positiven Bereich das Fünffache der regelmäßigen Wochenarbeitszeit nicht überschreiten. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern steht ein Rückkehrrecht aus der Gleitzeitautonomie zu.

Um wirkliche Flexibilität zu gewährleisten, sollen die Einschränkungen durch das Arbeitszeitgesetz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Gleitzeitautonomie gelockert werden. Sie sollen ihre tägliche Arbeitszeit auf bis zu zwölf Stunden verlängern dürfen, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten im Durchschnitt acht Stunden nicht überschritten werden.

Außerdem können sie ihre Ruhezeit eigenverantwortlich auf bis zu neun Stunden absenken. Diese Änderung ermöglicht insbesondere Menschen, die durch ihre fa-miliären oder sozialen Verpflichtungen (Erziehung, Pflege eines Angehörigen, etc.) in der Planung ihres Tagesablaufs eingeschränkt sind, eine Vollzeittätigkeit wahrzunehmen. Höchstens einmal innerhalb von 14 Tagen darf die Ruhezeit weiter so gekürzt werden, dass zwei aufeinanderfolgende Ruhezeiten im Durchschnitt neun Stunden nicht unterschreiten.

Gemäß Europäischem Gerichtshof sind alle Arbeitszeiten zu erfassen. Hierfür fordern wir die Pflicht zu einer testatfähigen Dokumentation. Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung liegt dabei weiterhin beim Arbeitgeber, der diese aber an die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer delegieren darf. In diesem Fall ist die EU-DSGVO so zu beachten, dass der Arbeitgeber nur im Rahmen berechtigter Interessen Einblick in die erfassten Arbeitszeiten nimmt.

Über die vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistete Überstunden sind dabei stets zu vergüten oder durch Freizeit auszugleichen. Auch eine Zwischenlagerung auf einem Zeitkonto ist möglich. Angeordnete Überstunden sind weiterhin mit einem Aufschlag von wenigstens 25% zu versehen. Dieser kann bis zu einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit inklusive Überstunden von 48 Stunden pauschal abgegolten werden. Darüber hinausgehende Überstunden müssen entsprechend beaufschlagt werden.

Parallel dazu sollen Arbeitgeber auch in die Lage versetzt werden, vereinbarte Arbeitszeit nach hinten schieben zu können, indem zunächst ein Freizeitausgleich für spätere Überstunden erfolgt. Für das Volumen des Freizeitausgleichs sind die Rahmenbedingungen des Zeitkontos zu berücksichtigen, um zu starke einseitige Belastungen zu vermeiden.

Nicht nur zeitlich, sondern auch örtlich besteht Bedarf nach flexibler Arbeitsgestaltung. Für 60% der Arbeitstage soll Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern daher ein Rechtsanspruch auf mobiles Arbeiten gewährt werden, wenn die Anforderungen der konkreten Arbeitsstelle ortsunabhängig gleichermaßen erfüllt werden können. Die Wahl, an welchen Wochentage mobil gearbeitet wird, erfolgt im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber.

Für Eltern mit Kindern gilt bis zum Beginn des dritten Lebensjahres die Möglichkeit 100% der Arbeitstage in mobiler Arbeit zu verbringen, außer es wird ein angemessenes Eltern-Kind-Büro zur Verfügung gestellt.

Für die Einrichtung von Eltern-Kind-Büros soll eine Kürzung des zu versteuernden Gewinns in Höhe des damit verbundenen Aufwands nach §9 GewStG  erfolgen.

Ein entsprechender Antrag kann vom Arbeitgeber nur abgelehnt werden, wenn er einen sachlichen Grund nachweisen kann. Die Beweislast hierfür liegt bei ihm. Der Rechtsanspruch ist bei einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung aus dem Arbeitsvertrag nicht durchsetzbar. Für Eltern ist eine vorsätzliche Pflichtverletzung erforderlich. Nach Ablauf einer zweijährigen Frist entfällt die Einwendung, sodass den betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine zweite Chance gewährt wird.

Um rechtliche Unsicherheiten zu vermeiden und allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, deren Arbeitsstelle mobiles Arbeiten zulässt, die Wahrnehmung zu ermöglichen, sollen arbeitsrechtliche Hürden bezüglich der Beschaffenheit des Arbeitsplatzes für selbständig aufgesuchte Arbeitsorte außerhalb von Gebäuden des Arbeitgebers abgeschafft werden. Ob im eigenen Haushalt, im Zug oder am Strand – mobile Arbeit soll überall möglich sein.