(Ordo-)Liberale Lohnpolitik

Eine liberale Marktwirtschaft bedarf staatlicher Regulierung, um eine optimale Ressourcenallokation zu ermöglichen. Ohne die korrekten Rahmenbedingungen drohe ein Marktversagen. Die Wirtschaftswissenschaften kennen dabei verschiedene Gründe für ein solches Marktversagen. Vorwiegend sind hier Informationsassymmetrien, die Tragik der Allmende, externe Effekte und ungleiche Marktmacht zu nennen. Doch als Junge Liberale kennen wir auch das Staatsversagen, die durch staatliches Handeln oder dessen Abwesenheit verursachte Fehlallokation. Aus diesem Grund sehen wir staatliche Eingriffe in die Wirtschaft grundsätzlich kritisch. Ein solcher Markteingriff ist nur gerechtfertigt, wenn zum einen ein Marktversagen vorliegt und die Maßnahme zum anderen geeignet ist, eine effizientere Ressourcenallokation herbeizuführen.

Im deutschen Arbeitsmarkt erkennen wir die oben angeführten Gründe für ein Marktversagen wieder. Es liegt nur eine geringe Lohntransparenz vor, so dass Arbeitnehmer häufig einen signifikanten Informationsnachteil aufweisen. Der Arbeitgeber hat zudem nur sehr wenige Informationen über die Arbeitsleistung eines Bewerbers, wodurch er tendenziell zu Vorsicht angehalten ist. Vorwiegend durch Mobilitätskosten, die im Niedriglohnbereich relativ zum Lohn umso relevanter sind,  wird ein Nachfrage-Oligopol beobachtet. Marktteilnehmer handeln im neoklassischen Verständnis zudem nur bedingt rational. Insbesondere im Niedriglohnbereich stehen Arbeitnehmer darüber hinaus unter Druck, einer Beschäftigung nachzugehen, um ihr Existenzminimum zu sichern. In der Folge können wir davon ausgehen, dass das allgemeine Lohnniveau im Niedriglohnbereich ohne staatlichen Eingriff unterhalb des idealen Gleichgewichtspreises für Arbeit liegt. Das stellt eine Subvention der betroffenen Unternehmen zu Lasten der Angestellten dar. Die notwendige Bedingung für staatliche Intervention sehen wir also als gegeben an.

Die Tarifautonomie ist für uns Junge Liberale ein hohes Gut. Doch gerade im Niedriglohnbereich erleben wir nur eine sehr schwache Tarifbindung. Dadurch können die Tarifparteien die eben genannten Effekte nicht selbständig ausgleichen und brauchen Unterstützung durch den Gesetzgeber.

2015 trat das Mindestlohngesetz in Kraft. Seitdem gilt in Deutschland ein einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn. Durch das Mindestlohngesetz konnte keine flächendeckend effizientere Allokation von Arbeit erreicht werden. Ganz im Gegenteil kam es insbesondere in strukturschwachen Regionen zu Wohlfahrtsverlusten. Diese liegen in der Zurückhaltung bei Neueinstellungen sowie einer Reduktion der Anzahl und Volumen von Minijobs begründet. Die empirische Forschung sieht diese Effekte als klassische Folgen eines zu hohen Mindestlohns. Doch der Mindestlohn zeigt durchaus positive Effekte in weiten Teilen des restlichen Deutschlands. Für uns ist klar: Ein bundeseinheitlicher Mindestlohn ist das genaue Gegenteil durchdachter Strukturpolitik.

Aus diesem Grund fordern wir Junge Liberale Niedersachsen die Einführung regionaler Lohnuntergrenzen, um die heute nur in Teilen des Landes vorhandenen Wohlfahrtsgewinne bundesweit zu erzielen. Dabei soll die Untergrenze für Bruttostundenlöhne je Arbeitsmarktregion von der Mindestlohnkommission festgelegt werden. Benötigte Mittel sind von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin bereitzustellen.

Um einen sanften Übergang von der aktuellen Rechtslage zu ermöglichen, ohne durch Preis- oder Angebotsschocks Schaden zu verursachen, sollen die regional differenzierten  Lohnuntergrenzen über mehrere Jahre erreicht werden. Für Arbeitsmarktregionen, in denen die Lohnuntergrenze unterhalb des bisherigen allgemeinen Mindestlohns liegt, streben wir an, dass Reallohnverluste vermieden werden, um soziale Härtefälle zu vermeiden.

Die Lohnuntergrenzen sollen für alle Arbeitnehmer im Sinne des Mindestlohngesetzes gelten.

Die Mindestlohnkommission soll weiterhin unabhängig von politischer Einflussnahme bleiben. Einen Überbietungswettbewerb fernab wissenschaftlicher Erkenntnisse lehnen wir als populistisch ab. Aus diesem Grund soll die konkrete Ausgestaltung des Übergangs vom bundeseinheitlichen Mindestlohn hin zu arbeitsmarktregionalen Lohnuntergrenzen sowie deren Höhe alleine den Mitgliedern der Mindestlohnkommission obliegen.

Die Forderung der FDP, Lohnuntergrenzen auch branchenbezogen zu differenzieren, lehnen wir Junge Liberale Niedersachsen ab.

Sunset-Klausel: 10 Jahre